Norderney
Portfolio / Januar 2020
Nach 950 Kilometer Anfahrt auf die Insel Norderney, sind es vom Appartement nur 50 Meter auf den Nordstrand. Der Strand auf Norderney, erster Anlaufpunkt — natürlich — und erster Anblick nach dem Aufwachen. Nur einmal umdrehen, schon vom Bett aus zu sehen, liegt er da, völlig leer, nur Sand und Vögel.
Ein Prospektbild hätte es nicht besser darstellen können, wie sich dieser erste Abschnitt des 14 Kilometer langen Nordstrands nach dem ersten Aufwachen präsentiert hat. Ende Januar zieht es offensichtlich nicht viele Menschen hier her — Glückshormone kündigen sich an.
Der Nordstrand im Januar
/ Ganz viel Freiheit für den Blick
Das Wetter, vielleicht nicht besonders schön, auf den ersten Blick. Die Mittagssonne auf Augenhöhe, nur schemenhaft zu erkennen. Eine zarte Wolkendecke, ganz weiches Licht, ganz große Softbox. Himmel, Meer und Strand, fast im selben Farbton. Nur der Strand in leichten Schattierungen. Die Brandung malt unscheinbare Strukturen in das Bild. Man findet auch nach langem Sehen keinen klaren Orientierungspunkt.
Je mühsamer das Erreichen, je weniger die Menschen. Bei mäßigem Wetter, noch weniger Menschen. Scheinbar ist heute nur einer hier, allein auf den östlich gelegenen 7 Kilometer Nordstrand. Ab hier eine neue Erkenntnis, über eine neue Art des Gehens. Ohne optisches Ziel, nur die Brandung gibt die Richtung vor. Man fängt an zu Gehen und verliert sich in dieser Ansicht, kann nicht loslassen von diesem Bild. Das Auge hört irgendwann auf nach Orientierung zu suchen, abstrahiert ab da. Der Gang wird langsamer, spielt nur mit der Brandung. Das Gehen wird zum Meditieren, kein Fortschreiten mehr, nur noch ein sich Bewegen in einem Bild. Nach zwei bis drei Stunden, am östlichen Ende der Insel, ist etwas passiert.
Weil es eben nicht nur ein flüchtiger Eindruck ist, kurz wahrgenommen am Rande eines längeren Weges. Es ist ein konstanter Zustand über mehrere Stunden, und vielleicht deshalb mit dieser Wirkung. Eine Wirkung auf das Innerste. Man hat das Gefühl sich aus dem grossen Strom, einem allgemeinen, unaufhörlichen Fluß, ausgeklinkt zu haben, ist vollkommen neben dem Hauptstrom, zurückgelehnt, abseits dem großen Geschehen, ohne das Gefühl etwas zu verpassen. Alles was sein muss ist jetzt und hier. Alles andere, gerade nicht notwendig. Und langsam wird in der Weite etwas erkennbar, eine vollkommen neue Ausdehnung, eine neue Qualität der inneren Ruhe, absolute Zufriedenheit — mit allem.